Der Fraktionsvorsitzende der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Thomas Kutschaty, wirft Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Missmanagement in der Corona-Krise vor. „Keine Landesregierung hat so wankelmütig agiert“, sagte Kutschaty im Interview mit dem Blog der Republik. „Am Anfang mussten wir als Opposition dafür sorgen, dass das Pandemiegesetz verfassungskonform ist. Danach hat Laschet auf Lockerungen gesetzt und zuviel Lockerheit in Bussen und Bahnen und auf privaten Partys bewirkt. Jetzt will er wieder zu mehr Strenge zurück. Eine Strategie hat er nicht.“
Kutschaty sprach sich für mehr Tests aus und fordert mobile Testteams für systemrelevante Bereiche wie Altenheime und Kindertagesstätten. „Da ist nichts vernünftig organisiert, bisher werden nur fünf Prozent der Erzieherinnen getestet“, kritisierte der SPD-Fraktionschef. Er beklagte einen Mangel an Kommunikation. Die Kommunen und die Schulen fühlten sich in der Krise alleingelassen. „Ich habe den Eindruck, dass der Ministerpräsident sich geistig schon nach Berlin verabschiedet hat“, sagte Kutschaty mit Blick auf Laschets Bewerbung um den CDU-Bundesvorsitz. „Er wirkt sehr unsicher und vermeidet jeden persönlichen Kontakt“, kritisierte Kutschaty. Mehrere Briefe, in denen er dem Regierungschef Zusammenarbeit in der Krise angeboten habe, seien bis heute unbeantwortet. In diesen ernsten Zeiten passe Laschets „Flapsigkeit“ nicht zu dem wichtigen Amt für NRW.
Auf die Gesellschaft kommen nach Kutschatys Einschätzung dramatische Veränderungen zu. Daher schlägt er zum Beispiel ein milliardenschweres Landesprogramm gegen die Verödung der Innenstädte vor. Durch die Pandemie und die Digitalisierung würden zahlreiche Verkaufsflächen frei, die vor allem für Wohnungsmarkt, Gastronomie und Dienstleistungen zu nutzen seien.
Den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz bezeichnet Kutschaty als „genau den Richtigen“. In dieser Zeit seien Verlässlichkeit und Kontinuität gefragt. Die Bundestagswahl im nächsten Jahr sei völlig offen, auch weil erstmals seit 1949 kein Kanzler aus dem Amt heraus kandidiere. Die SPD ist dabei, ihr Profil wieder zu schärfen, sagte Kutschaty und nannte beispielhaft die Bereiche Bildung, Arbeitsbedingungen, Wohnen und Mobilität. Er sprach sich zudem für eine Vermögenssteuer aus. Unsere Gesellschaft sei „vom Grund her zu Solidarität bereit“ und auch die „Top-Vermögen müssen ihren Beitrag leisten“. Der Mindestlohn müsse „als unterste Grenze“ zwölf Euro betragen.
Als „interessant“ bezeichnete der SPD-Politiker den Vorschlag einer Vier-Tage-Woche, wie ihn die IG Metall aufgeworfen hat. Zunächst sei er froh, dass die Kurzarbeiterregelung verlängert werde, auf lange Sicht müsse aber auch über eine „intelligente Verteilung der Arbeit“ gesprochen werden.
Das Redaktionsgespräch für den Blog der Republik führten Petra Kappe, Alfons Pieper, Uwe Pöhls und Martin Schmuck
Bildquelle: Pressefoto NRWSPD
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