Wer es noch nicht mitbekommen hat, der weiß es spätestens jetzt. Partystimmung auf den Plätzen der Großstädte und in den Parks, als hätte es den Covid-19 Virus nie gegeben. Urlaubspläne werden aller Orten geschmiedet. Und auch die Parteien kehren zum Normalbetrieb zurück. Die beiden SPD-Vorsitzenden „Eskia und Walter“, wie eine Genossin das Führungsduo auf dem Parteitag nannte und es nicht als Witz meinte, arbeiten weiter unverdrossen daran, die traditionellen Wählermilieus der Sozialdemokraten einzureißen, wie die Reaktionen der Gewerkschaften auf die Blockade einer Kaufprämie für Automobile mit Verbrennungsmotoren zeigen. Und die CDU kehrt zur öffentlichen Behandlung der beliebten Frage zurück, wer nach Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer künftig die Partei führen und nächster Regierungschef werden soll. Corona war gestern. Die Kulissen für das beliebte Sommertheater sind aufgebaut. Die C-Frage war gestern. Die K-Frage ist zurück!
Während die Ankündigung des SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans, nicht für den Bundestag zu kandidieren, nur als Randnotiz registriert wurde, liegt das besondere Interesse der Medien auf der K-Frage der Union. Friedrich Merz, Armin Laschet, Norbert Röttgen, Markus Söder oder am Ende doch noch einmal Angela Merkel? Lange bevor die Parteitage von CDU und CSU dazu das Wort ergreifen, debattieren die Polit-Astrologen sich die Köpfe heiß, wer es denn für die Union richten soll.
Sicher ist nur, dass Angela Merkel wohl nicht überredet werden kann, noch einmal für das Amt der Bundeskanzlerin zu kandidieren. Ihr „Nein, sicher nicht!“ ist ausweislich der letzten TV-Interviews felsenfest. Wer Merkel kennt, weiß, dass es von Anfang an ihr Ziel war, das Datum für den Rückzug aus dem Kanzleramt selbst zu bestimmen. Das ist ein ehrgeiziges, weil historisches Ziel. Immerhin ist das noch keinem ihrer Amtsvorgänger geglückt. Angefangen von Adenauer, über Erhardt, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl und Schröder scheiterten bisher alle am Wählerwillen oder sich ändernden Machtkonstellationen im Bundestag. Angela Merkel wäre die erste, die selbst entscheidet wann Schluss ist.
Auch die Bundestagswahl im Herbst des nächsten Jahres wird ein Hauch von Historie umwehen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird es keinen Spitzenkandidaten einer Partei geben, der als Amtsinhaber ins Rennen geht. Das macht die K-Frage und die Antwort darauf so interessant. Für CDU und CSU ist nur eins klar: Bei der Konstellation von sieben Parteien im Bundestag muss der Spitzenkandidat durch das Wählervotum eine Position erreichen, die es unmöglich macht, Mehrheiten gegen die Union zustande zu bringen. Die Frage, wer die Union in diese strategische Position bringen kann, beschäftigt die Phantasie – nicht nur die der Aspiranten.
Auch die Büchsenspanner und Einflüsterer sind wieder unterwegs. Und so wird aus Armin Laschet in einer Schlagzeile schon einmal „Armin Luschet“ und Markus Söder zum „Erbschleicher“, wie in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL. Dabei griffen die Hamburger beim Titelfoto tief in die Manipulationskiste. Söders Porträt vermittelt dem Betrachter etwas Diabolisches. Wie mir ein Freund mit fotografischen Fähigkeiten erklärte, entstehen solche Fotoporträts, wenn man im Bildbearbeitungsprogramm den Kontrastwert stark anhebt. Das Lächeln bekommt dann etwas Unheimliches und die Augenpartie etwas Böses.
Ungeachtet dessen geben die Meinungsforscher derzeit Markus Söder die besten Chancen, die Union zum Wahlsieg zu führen. Doch der ist nicht nur CSU-Vorsitzender sondern auch Bayerns Ministerpräsident. Er hat sich in diesem Amt mit Erfolg profiliert. Nicht nur die Bewohner des Freistaats nehmen ihn und seine Politik positiv wahr. Seine Beliebtheitswerte sind hoch. Sein Mantra lautet dennoch: „Mein Platz ist in Bayern!“ Die Botschaft ist richtig platziert. Die bayerischen Wählerinnen und Wähler wollen Stabilität. Das Amt des Ministerpräsidenten ist in ihren Augen eine Position von hohen Ehren und gewiss keine Durchgangsstation. Eine anderslautende Botschaft Söders würde nur das Vertrauen erschüttern, dass die Bayern in ihren Landesvater haben. Auch für die CSU ist die Aussage ihres Vorsitzenden richtig und wichtig. Markus Söder trat sein Vorsitzendenamt an, als die Zustimmung zur Partei, die „das schöne Bayern schuf“, auf einem historischen Tiefpunkt angekommen war. Jetzt hofft die Partei darauf, dass Markus Söder sie in zwei Jahren bei der nächsten Landtagswahl wieder zu altem Ruhm und neuen Höhen führen wird. Söder ist der CSU also noch einen großen Sieg schuldig. Daher sein Zögern. Die Frage, ob Söder selbst nach der Spitzenkandidatur greifen will, verbietet sich. Ebenso, wie bei den Kandidaturen von Franz Josef Strauß (1980) und Edmund Stoiber (2002), sich gegen Widerstände aus den Reihen der CDU als Kanzlerkandidat durchsetzen zu wollen. Nur wenn die CDU ihm das Amt des Kanzlerkandidaten ohne große Debatte antragen würde, könnte und dürfte sich Markus Söder dafür entscheiden, Bundeskanzler werden zu wollen. Der CSU bliebe dann nicht anderes übrig, als Beifall zu klatschen und zu betonen, dass es schon immer ihr sehnlicher Wunsch ist, einen der Ihren als Bundeskanzler zu erleben.
Bildquelle: DER SPIEGEL 29/2020

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